Zitat Zitat von jeanette_le Beitrag anzeigen

Was mich auch immer wundert, ist, dass hier viele anscheinend rund um die Uhr für ihren Hund da sind. Leider gibt es aber auch ein paar Leute, die einen Vollzeitjob haben (man traut es sich ja kaum auszusprechen) und somit nicht nur nach ihrem Hund tanzen können, weder selbstständig sind, noch in jeder Pause losstürzen und mit dem Hund rausgehen können. Die Leute dürfen sich dann wohl alle keinen Hund kaufen? (danke für deine Unterstützung, Andrea)


Also, ich würde mich freuen, wenn mir noch ein paar Leute auf meine Fragen antworten und auch Tipps geben, aber bitte nicht wie schon so oft hier nur als Moralaposteln und mit erhobenem Zeigefinger.

Viele Grüße
Jeanette
Jeannette,

kritisches Hinterfragen bedeutet nicht "erhobener Zeigefinger". Betrachte es doch aus Warte des Hundes - für ihn ist es goldrichtig, wenn seine prospektiven Begleiter sich auch kritischen Fragen gelassen im Sinne von: "anhören, in Ruhe durchdenken, zu einem überlegten Denkresultat kommen" stellen können. Das zeigt, dass sie kritikfähig sind, souverän, sich nicht scheuen, auch etwas unangenehmere Aspekte zu betrachten, sich selbst nicht soooo fürchterlich ernst nehmen - genau deshalb nehmen sie den Zeigefinger als das wahr, was er eigentlich ist: Hinweis auf einen Punkt, der möglicherweise näherer Betrachtung bedarf. Das heisst doch nicht, dass Du Dich nicht selbstbewusst hinstellen und für Dich feststellen kannst: Okay, kritische Frage sehe ich, lasse ich mir durch den Kopf gehen und hake ich ab, wenn ich sicher bin: Yep, mit dem Thema komme ich klar.

Als wir unseren Djambo zu uns holten, waren wir auch beide Vollzeit berufstätig, aber ich konnte den Hund jeden Tag mit ins Büro nehmen - dies war für uns GRUNDVORAUSSETZUNG, uns überhaupt einen Hund anzuschaffen. Ich hätte nicht mit täglicher Abwesenheit von X Stunden, die für den Hund möglicherweise tolerabel sein könnten, kalkuliert - hätte ich das tun müssen, weil mein AG contra "Hund im Office" gewesen wäre, hätten wir keinen Hund bekommen, basta.

Warum?

Ganz klar - weil auch MIT dieser Erlaubnis die Koordination Hund/Vollzeitstelle und damit verbundenen Aufwände schon schwierig genug ist. Ein Hund ist lebendig und hat Bedürfnisse, die sich nicht an Tagespläne, Pausenzeiten oder Meeting-Schedules orientieren. Damit muss man lernen umzugehen. Wenn ein Hund mit seinen Bedürfnissen nicht in Deinen Arbeitsalltag passt, ist es keine gute Idee, sich einen anzuschaffen.

Was Du weiter oben tust ist für mich tatsächlich ein no go - natürlich dreht sich im Leben nicht alles um den Hund. ABER: Der Hund hat nicht die Möglichkeit, seine Bedürfnisse selbst zu befriedigen, dafür bist Du verantwortlich, wenn Du Dich entscheidest, ihn in Dein Leben zu holen. Und das bedeutet eben auch Dir darüber im klaren zu sein, dass Hundebedürfnisse nicht immer planbar, angenehm oder Deinem Rhythmus und Deinen und den Bedürfnissen Deines Arbeitgebers entsprechend sind. Wenn Dir das bereits gedanklich unbehaglich ist, respektive Du keinen Plan B entwickeln kannst, dann ist das Leben mit Hund nichts, mit dem Du glücklich wirst.

Zwei Vollzeitjobs UND Hund geht in vielen Fällen nicht, weil dazu viel Flexibilität und Lösungskompetenz gehört, und weil auch Arbeitgeber und Kollegen diesbezüglich gefordert sind und mitziehen wollen müssen, sonst wird es u. U. schwierig.

Zu Deinen Fragen:

1. Wann ein Welpe stubenrein ist, ist individuell. Grob sollte bis zur 12. Woche die Grundsauberkeit laufen, aber Unfälle gibt es (vor allem bei den Herren der Schöpfung) auch gern mal darüber hinaus. Viel hängt von unserer Aufmerksamkeit ab. Der Hund WILL lernen, aber er braucht Zeit, Raum und Anleitung.

2. Erziehung bedeutet lebenslänglich. Es ist nicht so, dass etwas, das einmal sitzt, das für den Rest des Lebens tut. Auf Spaziergängen und daheim üben, immer wieder Neues einfliessen lassen - gemeinsam Lernen ist aktiver Bestandteil eines Lebens mit Hund. Rund um die Uhr Zeit muss niemand haben - mit einem entspannten Hund, der ausreichend gefordert, bewegt und gefördert wird, lässt sich arbeiten, schlafen, anderen Hobbies nachgehen. Er bleibt irgendwann dann auch mal problemlos ein paar Stündchen allein, so dass Zeit ist für Essen gehen, Sauna, Ratsch mit Freunden, Kino, whatever. Dennoch muss an jedem Tag über ein komplettes Hundeleben der Hund mit seinen Bedürfnissen als feste Grösse eingeplant werden. Das hört nie auf, beansprucht Aufmerksamkeit und Zeit.

3. Kommt auf Euch und Euren Hund an. Manche Hunde lernen Alleinsein schnell, wenn ihre Menschen ihnen vermitteln können: Wir kommen wieder, Du kannst deshalb entspannt allein sein. Es ist ein Lernprozess, der von Eurer Interaktion abhängt, und da seid in erster Linie Ihr gefragt.

4. Kommt auf Euch an. Auf Welpen und Junghunde könnt Ihr in Sachen "gutes Benehmen" nicht unbedingt jederzeit bauen, der erwachsene Hund dagegen kann ein toller Büropartner sein. Es gibt Dinge, die Ihr tun könnt, damit er zu einem solchen wird und es auch bleibt. Ausreichende, regelmässige Beschäftigung und Bewegung, regelmässige Beinevertretpausen zum Pieseln, Kauspielzeuge zur Entspannung zwischendurch, Lob & Belohnung für gutes Benehmen, regelmässiger Besuch von Welpengruppe, Junghundeschule, immer wieder Hundespaziergänge organisieren, ggf. sogar Hundesport - all das trägt dazu bei, einen entspannten Vierpfoter zu haben, der auch im Büro "mitgeht".

5. Informieren. Es gibt gute Literatur, in der Hundeentwicklung beschrieben ist. Grundsätzlich lernen Hunde immer - die ersten vier Wochen sind nur ein kleiner Anfang, der deshalb besonders intensiv ist, weil Euer Hund noch nicht sehr viel kann, weil für ihn ALLES neu ist, und weil er viel liebevolle Unterstützung braucht.

Jeder Hund ist anders - Ihr lernt MITEINANDER und voneiander, aber eines ist ganz wichtig: Euer Hund ist definitiv nicht auf der Welt, um Zeitpläne zu erfüllen oder Checklisten abzuhaken. Er funktioniert nicht nach Plan, Ihr müsst Raum für Überraschungen einplanen und den Spagat zwischen Flexibilität und Verlässlichkeit hinbekommen wollen, sonst sind Enttäuschungen vorprogrammiert, wenn Euer Hund eben in manchen Bereichen vielleicht langsamer oder ängstlicher ist.

6. Siehe Punkt 3. Kommt auf Euch an. Erwartet nicht zuviel von Eurem Hund. Wenn er nach einigen Monaten zwei Stündchen allein aushält und währenddessen brav ist, ist das eine tolle Leistung! Wenn ich mich recht erinnere, war Djambo 5 Monate alt, als wir zum ersten Mal abends für 1,5 Stunden in den Tanzunterricht gingen. DASS wir das konnten bedingte vorher langsam gesteigerte Aufbauarbeit. Wie das wuppt: nachzulesen in einschlägiger Literatur und im Forum.

Wie Euer Hund "drauf" ist hängt von vielen Faktoren ab, u.a. aber - Ihr ahnt es - von Euch. Prognosen kann hier niemand abgeben, da wir weder Euch noch Euren prospektiven Hund, noch Eure Interaktion kennen. DEN Prototyp Hund, der nach Liste funktioniert, gibt es nicht. Das ist die Bedeutung von "lebendig".

7. Kann niemand genau prognostizieren, da u.a. auch abhängig von Gesundheit des Hundes.

Informiert Euch über Futterkosten (Trofu oder BARF?), Hundeschule (anrufen, anschauen, Kosten erfragen), Impfgebühren (TA anrufen), Versicherung (Angebote einholen) und Steuern - das ist das MINDESTE, das Ihr aufwenden müsst. Der Rest zeigt sich dann.

Hinzu kommen natürlich Kosten für Leinen, Geschirre, Näpfe, Decken, Spielzeuge, Zeckenzange, Striegel, Hundekorb/Kissen/Ridgipad je nach Präferenz.

8. Sorry, aber darauf gibt Dir jeder RR Mensch vermutlich eine andere Antwort. Jeder Hund ist einmalig - Ridgebacks sind für uns, die sich für diese Rasse begeistern, die Hunde, die zu UNS am besten passen. Schau Dir RRs live mit ihren Leuten an, vergleiche LIVE mit anderen Rassen, stell selbst fest, wie unterschiedlich RRs einerseits, und wie ähnlich sie einander andererseits sind. Mein Djambo ist für mich ein Unikat - ultrasensibel, aufmerksam hoch 10, zärtlicher Riese, Rabauke, Freubär, Nervensäge, Kraftprotz - beschützend, klug, stur, schwierig: wunderbar.

9. Rüden sind grösser & schwerer, alle anderen Unterschiede sind individuell und lassen sich imho nicht auf Rüde oder Hündin festnageln. Hormonbedingte Unterschiede sind wiederum individuell stark ausgeprägt und auch von Faktor Kastration beeinflusst - Rüden können unter Läufigkeit sehr leiden, Läufigkeit wiederum kann für Begleiter von Hündinnen eine schwierige Zeit sein - eins wie das andere macht dann "Stress". Rüden sind halt eher mal "rüde" ;-), brauchen u.U. die konsequentere Erziehung, aber es gibt auch motzige Hündinnen. Ich bin mit einem Rüden sehr, sehr glücklich. Wie`s mit Zweien wird, wird sich zeigen.

10. Dogsitter? Wäre für mich keine Lösung - wie soll der Kleene denn dann lernen, sich im Büro vernünftig zu verhalten? Das muss er doch erst einmal üben - erwartest Du, dass er das irgendwann "einfach so" kann? Wie lange willst Du auf diesen Tag warten? Wann könnte er denn Deiner Meinung nach "auf Arbeit"? Was muss er dazu können?

Ich habe Djambo von anfang an mitgenommen, und würde das so immer wieder machen. Er ist ein toller "Partner", aber es gibt auch Dinge, die schwierig sind mit ihm.

Dein Posting transportiert für mich unangenehm viele Erwartungen daran, dass der Hund mitläuft und unproblematisch ist. Er soll - so kommt das bei mir an - bitte möglichst im Eiltempo sauber, arbeitstauglich und wohlerzogen sein. Die Fragen, die Du stellst, laufen für mich (!) nicht darauf hinaus, ob Euer Leben für einen Hund passend sein könnte, sondern ob und AB WANN ein Hund endlich soweit ist, dass er möglichst störungsfrei mitäuft. Vielleicht hast Du es gar nicht so gemeint, aber ich denke, dieser Tenor ist es, der hier einigen aufstösst und den Zeigefinger hervorzaubert.

Eine gute Entscheidungsfindung wünscht Dir/Euch
Sabine