hi. ich bin noch kein ridgeback-besitzer, befinde mich aber mitten in der planung, einen zu holen. daher kann ich insofern keine "hilfe" geben, die auf praktischer erfahrung mit hunden/ridgebacks beruht. aber ich kann insofern vll helfen, dass ich erfahrung auf dem gebiet des "zusammenlebens" habe, weil ich psychologe bin.
ich möchte daher darum bitten, falls meine ratschläge nicht in der hundepraxis umsetzbar sind oder hier nicht greifen sollten, meine mangelnde erfahrung zu berücksichtigen und daher auch meine ratschläge etwas mit vorsicht zu genießen (und nicht sauer zu sein).
da ich trotzdem denke, helfen zu können, schreibe ich jetzt mal schnell, was ich von der situation denke und werde parallelen zwischen menschenwelt und hundewelt schaffen.
grundsätzlich ist die situation, die du, silke, momentan erlebst, auch oft in der menschenwelt zu finden. und zwar immer dann, wenn eltern mit einem kind ein zweites kind bekommen.
alle müssen sich mit der neuen situation arrangieren und jeder muss in gewisser weise kompromisse schließen. für das kind, das "schon da ist", bedeutet das, die liebe der eltern teilen zu müssen. es bedeutet, nicht mehr alleine die uneingeschränkte aufmerksamkeit zu haben und akzeptieren zu müssen, dass es nicht mehr alleine im mittelpunkt des interesses steht.
der vorteil, den viele ersthundebesitzer haben, ist dass sie mit ihrem hund zum züchter gehen können, schauen können, mit welchem welpen sich ihr liebling am besten versteht und dann dementsprechend sich den welpen aussuchen können.
in deiner situation ist dieser fall nicht gegeben aber da würde ich mir nicht so viele gedanken wegen machen. wenn eltern ein zweites kind bekommen, können sie sich auch nicht vorher mit ihrem ersten kind ein paar babys vorher anschauen, gucken, mit wem sich das erste kind gut versteht und es dann daraufhin aussuchen.
das gute an dieser konfliktsituation, in der ihr euch befindet ist, dass sie wie so ziemlich alles in unserem leben einen lernprozess darstellt - für euch, eure kiara und den kleinen.
ein lernprozess bedeutet halt nur, sich in einer ungewohnten, neuen umgebung/situation zurechtzufinden, seinen eigenen platz in der situation zu finden und die neue situation ins selbstkonzept einzuarbeiten. natürlich passiert dies beim menschen auf einer kognitiv höheren ebene als beim tier, im grundsatz ist es aber gleich. leider gehört zu einem lernprozess aber auch, dass er zeit benötigt - und zwar je ungewohnter die situation, desto länger dauert es - natürlich mit interindividuellen unterschieden.
mein tipp:
gib deiner kiara ihre zeit. und vor allem auch, gib dir auch die zeit. es ist nicht schlimm, wenn ihr euch nicht sofort in der neuen situation zurecht findet. erstgeborene kinder fallen häufig auf eine entwicklungsstufe zurück, wenn das zweitgeborene kind dann da ist. machen sich bspw. wieder in die hose... das ist aber nicht weiter tragisch, die zeit und die gewöhnung an die neue situation bringen wieder normalität mit sich - ganz automatisch. deswegen ist die kindheit nicht weniger gut.
es gibt aber einige dinge, die du beachten kannst, um diese - für euch ja auch sehr schlimme zeit - besser zu überstehen.
versuche, dich so normal wie du kannst zu verhalten. es bringt niemandem was, wenn du einen "aufstand" machst (ist jetzt übertrieben gesagt, nicht böse gemeint).
in erster linie ist es auch deswegen wichtig, dass du souverän bist, weil dein hund dann merken kann, dass die situation vielleicht doch nicht so schlimm neu ist, wie er "denkt".
wenn du allerdings selbst total aufgeregt bist, übermäßig viel angst hast, merkt das deine kiara. und sie fühlt sich in ihren verlustängsten bestätigt, denn sie kann nicht differenzieren, wovor du angst hast.
d.h. je aufgeregter und je ängstlicher du bist, desto schlimmer ist es für deinen hund.
du kannst dem entgegen wirken, indem du dir, wenn du angst hast oder es dir in der seele weh tut, dass kiara dich abweist, laut (oder leise, wie du es lieber hast) sagst: "kiara, du reagierst übertrieben, es gibt nichts, wovor wir angst haben müssen." alternativ ist kiara durch silke zu ersetzen ;-)
in dieser hinsicht ist es auch nicht so sinnvoll, irgendeinen (auch nicht den kleinen!) zu ignorieren, um dem anderen zu zeigen, dass er noch geliebt wird. wenn du den kleinen ignorierst, damit deine alte dame sieht, dass du sie noch liebst, wird der welpe in seiner entwicklung gestört. bspw. beim älteren hund zu schlafen und den jungen alleine zu lassen, kann - meiner meinung nach - kein rezept sein.
vielmehr musst du versuchen, deine liebe gleichermaßen und keinen zu vernachlässigen. es wird euch wenig helfen, wenn einer der beiden hunde denkt, er wäre mehr geliebt.
was nicht heißt, dass die rangordnung nicht eingehalten werden soll - wurde ja auch schon bisher gesagt. rituale sind wichtig - besonders bei kindern. und da hunde auf einem kognitiven niveau sind, das vergleichbar mit dem von kleinkindern ist, schließe ich jetzt mal einfach so, dass rituale eben auch sehr wichtig für hunde sind.
alphatier bleibt alphatier, sollte zuerst begrüßt werden, zuerst ins auto dürfen...
so merkt deine kiara, dass sie ihre stellung nicht verliert, nur weil ihr jetzt zu viert seid.
dem kleinen wird es nichts ausmachen, wenn er erst als zweiter begrüßt wird, solange er genauso (nicht mehr oder weniger) intensiv begrüßt wird. und der großen wird es - wenn sie es dann irgendwann gelernt hat - auch nichts mehr ausmachen, dass der kleine aufmerksamkeit bekommt. solange sie eben nicht vernachlässigt wird.
das ist letztlich auch der schlüssel zum erfolg. deine kiara darf nicht das gefühl bekommen, dass sie vernachlässigt wird.
weil das aber nicht mehr so einfach ist wie vorher - ihr seid ja jetzt einer mehr - kannst du automatisch nicht mehr so viel zeit mit ihr alleine verbringen wie vorher. egal wie sehr du dich anstrengst.
das ist aber auch nicht schlimm. momentan für sie zwar schon, aber prinzipiell nicht.
mein letzter rat an dich ist, und das rate ich auch eltern, die ein zweites kind bekommen, beziehe die, die schon da ist, in die erziehung des jüngeren mit ein.
versuche so viel zeit wie möglich mit beiden gleichzeitig zu verbringen!
der vorteil bei einem kind ist, dass du ihm erklären kannst, was passiert, dass du es noch genauso liebst wie zuvor,...
das kannst du beim hund leider nicht machen. kannst du zwar auch, wird aber vermutlich nicht so viel bringen wie beim kind ;-)
ich würde an deiner stelle wirklich einfach versuchen, dass die beiden racker so viel wie möglich miteinander machen. und halt viel mit ihnen zusammen zu machen.
das fängt auch schon bei einfachen sachen an, wie zwei fressnäpfen, die nebeneinander stehen. natürlich bekommt die große ihr essen zuerst, der kleine als zweiter. aber essen sollten sie schon "gemeinsam".
oder schlafen - getrennte räume sind hier eine teufelsmaschine.
und wenn das die ersten nächte nur stress bedeutet, dann ist das so. irgendwann kriegt sich deine diva schon wieder ein ;-)
du musst dir nur immer wieder sagen: ich bin stark, ich schaffe das.
vll hast du auch der großen schon beigebracht, auf einen gegenstand aufzupassen, während du weg warst? das wäre perfekt, denn sie soll jetzt auf den kleinen aufpassen. gib ihr mit dem kleinen eine aufgabe. und wenn sie die erfüllt, muss sie natürlich belohnt werden! lernt sie, dass du stolz auf sie bist, wenn sie sich um den kleinen kümmert, wird sie sich um ihn kümmern.
und einstellungsänderungen finden nunmal über verhaltensänderungen statt und nicht, wie häufig gedacht wird, andersherum.
fazit:
1. bemüh dich, kein großes aufsehen zu machen mit der neuen situation. wenn es dir schwer fällt, sprich dir mut zu - die situation wird 100%ig (!) besser werden.
2. bevorzuge, so schwer das sein mag, keinen - gleiche aufmerksamkeit für beide!
3. schaffe so viele gemeinsame situationen wie möglich (essen, schlafen, spielen,...)
4. da du dich momentan mehr um den kleinen kümmern musst als um kiara, musst du sie dabei unbedingt bei den sachen dabei haben, die du mit dem kleinen machst.
5. zusätzlich dazu, nimm dir hin und wieder zeit für kiara alleine - nutze dafür die zeiten, in denen der kleine pennt (machst du ja eh schon).
6. je mehr du mit beiden gemeinsam machst, desto normaler wird das zusammensein.
7. schaffe für ein zusammensein der beiden ein so normales umfeld (bspw. lieblingsplatz von kiara) wie möglich - das bewirkt sicherheit in einer unsicheren situation.
8. wenn kiara nicht will, dann will sie nicht - absolut in ordnung. lass sie jammern und heulen und winseln und traurig gucken (in andern worten schauspielern ;-)), es liegt nicht an dir! es liegt daran, dass sie sich nicht mit der neuen situation arrangieren will. das hat aber NICHTS mit dir zu tun! sie sucht sich eine strategie, deine aufmerksamkeit für sich alleine zu gewinnen. und sie wählt (erfolgreich) die, die für dich am schlimmsten ist, denn damit hat sie am meisten erfolg.
wichtig: wenn kiara nicht will, geh nicht sofort zum kleinen. dann wirds nur noch schlimmer. mach kurz was anderen, dann erst kannst du zum kleinen, damit kiara die ablehnung nicht mit dem kleinen verknüpft.
wenn du ein paar minuten gewartet hast, dann geh zum kleinen und nimm ihn mit zu kiara. spiel in ihrer nähe (so dass sie euch in sicherem abstand zuschauen kann) mit dem kleinen. und ruf sie dabei immer wieder. ein paar mal gemacht, dann kommt sie sicher und macht mit. nur auch wichtig: nimm nicht ein spielzeug von kiara, schon gar nicht ihr lieblingsspielzeug!
ich wette mit dir, sie ist viel zu sehr verliebt ins spiel mit dir, dass sie sich das auf dauer gefallen lässt, dass der kleine in ihrer anwesenheit ohne sie mit dir spielt.
9. wenn du mit dem kleinen zu ihr kommst und sie läuft weg - geh hinterher. da musst du ausdauernd sein, irgendwann hat kiara die schnauze voll, vor euch wegzulaufen.
10. du bist das frauchen, du hast die hosen an, du hast die verantwortung gegenüber deinen hunden, dass die situation sich im positiven auflöst.
und deswegen bist DU stark und DU sagst, wo es lang geht.
wenns zu schlimm wird, sag dir einfach: die diva kriegt sich schon wieder ein.
nur weil sie dich so sehr liebt, verhält sie sich so! sie verhält sich nicht so, weil sie dich nicht liebt.
wichtig: zeig deine schwäche nicht deinem hund, das macht ihn nur ängstlich.
lieben heißt manchmal leider auch, hart zu sein.
11. ich schließe mit einem zitat von tomte tummetott: "viele winter sah ich kommen und gehen. geduld, nur geduld. auch diesem winter folgt ein frühling"
alles gute und viel kraft!
lg, lukas
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