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Caniden-Ein-Topf?!
In vielen Postings zu verschiedenen Themen ziehen Diskussionsteilnehmer immer wieder Vergleiche mit den wildlebenden Verwandten des Hundes als Argumentationshilfen heran. Am liebsten würde ich dann sofort wieder in die Tasten hauen, halte mich aber dann doch zurück....
Ich habe mir gedacht, einfach mal allgemein etwas zu diesem Thema zu schreiben; so kommt die Information an die Leute, es braucht sich aber niemand wegen meiner Kritteleien persönlich auf den Schlips getreten zu fühlen (meine Güte, dieses Forum macht aber auch übersensibel!! )
DIE Caniden, das sind 14 Arten. Vierzehn! Zu ihnen gehören unter anderem auch Fuchs, Fennek und Marderhund. Aussagen wie „die Caniden bilden Sozialstrukturen“ oder „die Caniden jagen im Rudelverband“ sind nicht nur wohlklingende, leider aber aussagearme Satzhülsen, sie sind auch häufig falsch. „Die Caniden bilden Sozialstrukturen“ bedeutet alles von *beim Fuchs treffen sich die Geschlechter zur Paarungszeit* bis hin zu * Wölfe leben meist in Familienverbänden*.
Bei Diskussionen über das Jagdverhalten von Hunden wird der Vergleich mit „dem“ Wolf gezogen und das, was man über wölfisches Verhalten gelernt hat, auf den Haushund übertragen. Wölfe jagen gerne im Rudelverband. Hunde auch. Aber damit enden auch schon die Gemeinsamkeiten. Das Jagdverhalten von Wölfen ist so grundsätzlich anders als das von Hunden, daß man darin ein bedeutendes ethologisches Unterscheidungskriterium zwischen beiden vorliegen hat.
Wölfe sind Lauerjäger, sie hetzen nur kurz. Sie entwickeln komplizierte Jagdstragegien und sind wirklich streng arbeitsteilig.
Hunde sind anders. Sie hetzen über lange Strecken (vorausgesetzt, der vom Menschen züchterisch verhunzte Körperbau läßt dieses noch zu), die Arbeitsteilung ergibt sich eher zufällig. Von den ausgebufften Strategien der Wölfe sind sie so weit entfernt wie die Kleckserei meines Sohnes von einem Renoir! Das Signal zur gemeinsamen Jagd gibt nicht zwingend der Rudelführer, sondern der Hund, der die Beute zuerst wahrgenommen hat.
Ähnlich ist es mit der „Ernährung“. Die einen sagen, der Wolf frißt seine Beutetiere mit Haut und Haar, die anderen sagen, daß er selektiv frißt und vieles übrig läßt. Jeder hat recht, aber für die Diskussion ist dies unbedeutend, weil der Vergleich mit dem Wolf nichts bringt. Das Beutespektrum von Wölfen reicht von Kleinsäugern (Mäuse, ...) bis hin zu großen Huftieren. Klar, die Maus wird mit Haut und Haar gefressen, von den großen Beutetieren bleiben meistens übrig: Kopf, Wirbelsäule, Extremitätenknochen, etwas Haut. Mehr von den getöteten Großtieren bleibt übrig, wenn die Wölfe sehr viel Beute machen konnten oder wenn sie durch äußere Einflüsse (Menschen!!) gestört werden.
Die ersten Schritte in der Domestikation des Wolfes zum Hund sind - notwendigerweise - Veränderungen im Verhalten gewesen. Deswegen macht es wenig Sinn, unsere Rassehunde mit Wölfen zu vergleichen. Für eine Vergleichsbasis eignen sich andere Hunde sehr viel besser, weil sie eben bereits Hunde sind, aber auf einem anderen Domestikationsniveau stehen. Ja, alle Haushunde sind Hunde, aber längst nicht alle Hunde sind Haushunde. Wollen wir das Verhalten unserer Haushunde besser verstehen, sollten wir uns das Verhalten der Hunde anschauen, die in den verschiedensten Abstufungen unabhängig vom Menschen leben. Aber die meisten dieser Hunde leben in den verschiedenen Ökozonen menschlicher Ansiedlungen und sind in erster Linie Kleintier- und Abfallfresser. Vielleicht ziehen wir deswegen lieber den Vergleich mit dem grandiosen Jäger Wolf??
Eine gute Zusammenfassung über Wölfe findet sich in der Monografie:
Der Wolf von Henryk Okarma, 1997
ISBN 3-8263-8431-8
Das Schrifttum über die ursprünglicheren Hunde ist leider in den verschiedensten Fachzeitschriften sehr weit verstreut.
Der Forschungsschwerpunkt liegt zur Zeit eindeutig beim Wolf. Das ist auch gut so, schließlich soll er das von Menschen angerichtete Desaster noch ein Weilchen überleben. Wir dürfen diese Gewichtung aber nicht mit Bedeutung für uns Hundehalter verwechseln.
Wer dieses posting als Teilen von Information versteht, versteht richtig. Wer es als "Besserwisserei" verstehen möchte, kann sich gerne daran hochziehen... :)
Ute BB
Wer dieses posting als Teilen von Information versteht, versteht richtig. Wer es als "Besserwisserei" verstehen möchte, kann sich gerne daran hochziehen... :)
Liebe Ute,
ich zieh mich daran hoch......dass es offensichtlich doch noch Leute hier gibt,
die dieses Forum richtig verstehen:
Als Plattform für informative und sehr interessante Postings. Ich danke dir dafür!
Für gute Buchtipps bin ich auch sehr dankbar.
Irgendwie hast du mir den Morgen gerettet.....
ganz liebe Grüße
Feli
Ute BB
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Constanze Haag
11.02.2001, 00:22
Hallo Ute,
ich empfinde Dein Posting als sehr informativ und gar nicht als Besserwisserei. Und auch, wenn einige Aussagen meinerseits Dich zu diesem Posting veranlasst haben, möchte ich Dir sagen, dass ich völlig Deiner Meinung bin.
Nur zu gerne werden Vergleiche zwischen Hunden und anderen Caniden (meistens dem Wolf) herangezogen, um der eigenen Überzeugung die Krone aufzusetzen. Dabei wird meistens nicht nur übersehen, dass Hund und Wolf sich in bestimmten Bereichen völlig unterschiedlich verhalten, sondern auch, dass das Zusammenleben Mensch-Canide nicht immer so aussehen kann wie das Zusammenleben von Canide-Canide (auch wenn wir uns ruhig öfter mal daran orientieren sollten).
Man muss aber eigentlich noch weiter gehen. Nicht nur das Verhalten von Wolf und Hund kann nicht 1 zu 1 nebeneinander gestellt werden, sondern auch die verschiedenen Hundeschläge unterscheiden sich nicht nur optisch sondern auch in ihren Verhaltensweisen teilweise sehr signifikant. Hunde sind hochspezialisierte Lebewesen und bringen durch Anpassung/Selektion höchst unterschiedliche Verhaltenskonzepte mit. Das Jagdverhalten z.B. eines Salukis kann niemals mit dem einer englischen Bulldogge (so sie denn eins hat) verglichen werden.
Soviel zum allgemeinen Thema, nun zu meinen persönlichen Aussagen (ein bisschen verteidigen möchte ich mich ja schon).
Natürlich ist auch mir klar, dass es ein Unterschied ist, ob ein Hund eine Maus verspeist oder einen Elch. Ich puhl aus den Trauben ja auch nicht die Kerne raus, lass das Kerngehäuse eines Apfels aber trotzdem übrig ;-). Mich hat es nur gestört, dass immer die Geschichte durch die Gegend geistert, dass Wölfe ihre Beute mit Haut und Haaren vertilgen und wir unseren Hunden daher am besten eine ganze Ziege in den Hof werfen sollten.
Was die Jagdgemeinschaft unter Hunden angeht, dachte ich eigentlich, ich hätte mich insoweit deutlich ausgedrückt, dass man das nicht auf alles und jeden übertragen kann. Vielleicht hätte ich noch genauer sein müssen, aber ich war eh schon im Hundertsten und wollte nicht auch noch ins Tausendste kommen.
Kathrin hat gefragt, wie der Einzelne das mit seinem Hund handhabt. Ich habe lange überlegt, ob ich unsere Lösung überhaupt beschreiben soll, weil ich mir denken konnte, dass sie nicht überall auf Gegenliebe stößt und ich außerdem Angst hatte, dass das jetzt auch Leute ausprobieren könnten, die das besser lassen sollten. Ich habe es trotzdem getan, weil es einfach so ist, bei uns hervorragend funktioniert und ich habe es mit einer canidenhaften Jagdgemeinschaft begründet, weil das bei uns der Fall ist und weil ich auch RRs kenne, bei denen das gut klappt.
Zu Deiner genaueren Information, obwohl das nicht ins RR-Forum gehört. Meine Hündin stammt von Teneriffa. Dort leben v.a. ausgesetzte Podencos und Podencomischlinge in den Bergen, die außerhalb der Touristensaison notgedrungen Jagdgemeinschaften bilden, um zu überleben. Sie sind in erster Linie auf Kaninchen spezialisiert und auch meine Hündin interessiert sich z.B. nicht die Bohne für ein Reh. Die Vorfahren meiner Hündin sind mit ziemlicher Sicherheit in solchen verwilderten Hunderudeln zu suchen (die übrigens in ganz vielen Punkten riesen Verhaltensunterschiede zu einem Wolfsrudel aufweisen, ich weiß, wovon ich spreche, weil ich mehrmals im Jahr dort mit Hunden arbeite).
Mein Mädchen bringt die Veranlagung zu einer Jagdgemeinschaft mit, da gibt es keinen Zweifel und die habe ich mir zunutze gemacht, mit großem Erfolg. Inwieweit die Initiierung einer Jagd von demjenigen ausgeht, der Wild aufgespürt hat oder grundsätzlich vom Alpha, das ist Glatteis für mich. Zwischen Wolf und Hund bzw. Hund und Hund gibt es sicher Unterschiede. Sie jedenfalls orientiert sich mittlerweile an meinen Ja oder Nein Entscheidungen. Mag sein, dass ich da eine vorhandene Bereitschaft ausgegraben habe, mag sein, dass dieser eine Aspekt der Jagdgemeinschaft pur erlernt ist oder etwas von beidem.
So, ich hoffe, ich konnte meinen Standpunkt etwas beleuchten und deutlich machen, dass ich nicht zu den "bei Wölfen ist das aber soundso"-Leuten gehöre.
Und um die Relevanz meiner Erfahrung mit einem Nicht-RR für dieses Forum noch mal zu erklären: Ich kenne nunmal insgesamt vier RRs persönlich und einen virtuell, die jagdgemeinschaftlich hervorragend zu kontrollieren sind. Die gehören aber auch alle Leuten, die sehr verantwortungsbewusst und kompetent mit ihnen umgehen.
Liebe Grüße
Conny
Hallo, Conny!
Danke für deine ausführliche Antwort. Besonders wichtig ist der Hinweis auf die Vielfalt auch innerhalb unserer Haushunde. Ich sage immer, daß ich mit jedem Hund/Mensch-Gespann, das ich kennenlerne, auch etwas dazulerne! Und es ist gerade die Vielfalt, die immer wieder Überraschungen birgt.
Meine drei Ridgis jagen - wenn ich sie (mit Erlaubnis des Jagdpächters!) mal etwas länger hinter einem Hasen oder einem Reh herhetzen lasse - auch arbeitsteilig. Allerdings wird die schöne Anordnung leicht chaotisch, taucht noch ein zweites Beutetier auf oder entschwindet die erste Beute am Horizont. Auch beobachten sie die potentielle Beute nicht, um Erfolgschancen abzuschätzen. Gehetzt wird, was auftaucht. Mit der Arbeitsteilung bei Wölfen läßt sich dies nicht vergleichen. Wie denn auch! Wildlebende Tiere müssen effizient jagen, das Überleben hängt davon ab. Haushunde sind dagegen (biologisch, nicht wertend!!) Luxusgeschöpfe, daran ändert auch die Tatsache nichts, daß es nicht allen gut geht.
Gerade deshalb sind die Beobachtungen an Hunderudeln, die nicht bewußt von Menschen versorgt werden, so wichtig. Leider ist es unter den Ethologen nicht salonfähig, sich mit diesen Hunden zu beschäftigen. Im Vergleich zum Wolf wissen wir über die Basis der Haushunde bitter wenig.
Ein gutes Literaturverzeichnis findet sich in:
Genetics and the Behavior of Domestic Animals, Academic Press, 1998: 199-202 (am Ende eines Beitrages von Raymond und Lorna Coppinger. Der Name Coppinger taucht in Hundezeitschriften desöfteren auf, da er sich auch sehr intensiv mit den Herdenschutzhunden befaßt).
Zum Thema Beuteverzehr hast du mit deinem Obstvergleich natürlich recht. Also schauen wir uns die Daten an, die ausschließlich Großtiere betreffen. Und da zeigt die überwiegende Mehrzahl der Untersuchungen, daß auch Großtiere wie Elche, Virginiahirsche, andere Hirsche und Wildschweine vollständig gefressen werden. Mit einigen Ausnahmen, wie immer im Leben. Diese Ausnahmen treten auf, wenn Wölfe Haustiere erbeutet haben und durch die Nähe des Menschen gestört werden oder wenn sie extrem viel Beute machen konnten.
Letztendlich ist es egal, warum ein Haushund sich vom Hetzen und Jagen abhalten läßt. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß das Etikettieren von Problemen mit dem Hetzen als Dominanz wenig hilfreich ist. Ein Abbruchsignal ist eine Frage des Trainings. Jeder Hund kann lernen, darauf zu reagieren, egal, ob er seinen Menschen als Rudelführer achtet oder nicht. Ein Hund, der seinen Menschen als Leitfigur achten und schätzen kann, wird schneller lernen, auf Abbruchsignale zu reagieren, weil er ihm mehr Aufmerksamkeit schenkt. Es besteht also schon ein Zusammenhang zwischen Dominanz und Kontrollierbarkeit, nur ist ein intaktes Dominanz-Verhältnis zum Hund nicht die Ursache für gute Kontrollierbarkeit.
Mir tun die vielen Hundebesitzer leid, die hinter ihrem jagenden Hund herschauen, Ängste und auch Scham empfinden und die dann auch noch gesagt bekommen: der nimmt dich ´halt net für voll!
Dominanz ist nur die halbe Wahrheit, unermüdliches, konsequentes Üben in den entsprechenden Situationen die Grundlage.
Schreck! Nun ist es ein langes Geschreibsel geworden. Tut mir leid, ich weiß wie mühevoll in einem Forum lange postings zu lesen sind.
Einen wunderschönen, harmonischen Tag mit euren Hunden!
Ute BB
Nochmal an Conny:
Berichte über Hunde, die Nicht-Ridgebacks sind, sind auch in diesem Forum allemal interessanter als der Vereins- und Züchterschlamm!
Hast du Fotos oder Videos von den freilebenden Podengos??
Liebe Grüße,
Ute
[Edited by Ute BB on 11-02-2001 at 20:49 GMT]
Manuela Köhler
11.02.2001, 21:57
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Liebe Ute,
Deine Postings sind eine echte Bereicherung. Ich finde Sie sind fundiert und sachlich, und ich freue mich darauf Dich kennenzulernen!
Manuela
Hallo UteBB,
nehme meine Kritik nicht persönlich, aber ich finde dein Posting nicht gerade sehr gelungen, um einen Unterschied zwischen den verschiedenen Caniden aufzuzeigen.
Um nicht nur destruktiv zu sein, gebe ich aber für alle Interessierten einen Literaturtip, um sich in dieses Thema mal aus erster Hand einzulesen:
D. Fedderson-Peterson, Hundepsychologie
Die Autorin gibt dort unter anderem eine Zusammenfassung ihrer Experimente mit Kreuzungen zwischen Pudel/Wolf und Pudel/Goldschakal und weist so mittels einer Untersuchung des Verhaltens der Nachkommen erster und zweiter Generation die Abstammung des Hundes nach. Sie geht dabei auch auf die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten im Hundeverhalten gegenüber dem Wolf- und Goldschakalverhalten ein. Obwohl das Buch wissenschaftlichen Anspruch erhebt, ist es aber gerade für den Laien sehr verständlich geschrieben. Allerdings kostet es ca. DM 45.-, es ist aber seinen Preis auf jeden Fall wert. Man erfährt auch viele Infos zum Aggressionsverhalten von Hunden, was durch die neuerliche Kampfhundediskussion natürlich sehr aktuell ist.
Gruß
Markus
Hallo, Markus!
Nein, ich nehme fundierte Kritik weder persönlich noch übel. Und alles nicht schlüssig begründete oder unpassend Formulierte landet früher oder später sowieso als Boomerang beim Absender! Im täglichen Umgang mit Hundebesitzern habe ich ein dickes Fell entwickelt und nehme die Vielfalt der Persönlichkeiten zur Kenntnis. Eigentlich wundert mich garnichts mehr...
So, nun zu den Fakten. Das Buch, das du - zu Recht - erwähnst, ist eine populärwissenschaftliche Auswertung von Forschungsarbeiten, die in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts begonnen wurden. Damals beschäftigte man sich unter der Leitung von Professor Herre in Kiel mit der Abstammungsfrage des Hundes. Konrad Lorenz hatte die Hypothese aufgestellt, daß einige Hundetypen vom Goldschakal abstammen, andere dagegen vom nordischen Wolf. Diese Hypothese galt es zu testen. Dazu studierte man vergleichend die Anatomie, vor allem Schädel, und auch das Verhaltensrepertoire. Dorit Feddersen-Petersen hat über das Ausdrucksverhalten von Goldschakalen und deren Gefangenschafts-Bastarden mit Hunden (Pudeln) gearbeitet. Mit diesem Thema hat sie auch 1978 promoviert. Damit war aber erst die Hälfte der Arbeit geleistet und folgerichtig begann die Arbeitsgruppe eine identisch angelegte Studie mit Gehege-Wölfen und Hunden (Pudeln). Das Ergebnis dieser brillanten Studie war, daß Konrad Lorenz ohne Bedauern von seiner Goldschakal-Hypothese Abschied nahm.
Die Kieler Arbeitsgruppe hat einen Haushundtyp mit Wolf und Schakal verglichen, um die Abstammungsfrage zu klären und NICHT, weil sie den Wolf für das ideale Modell hundlichen Verhaltens gehalten hat!
Es steht doch überhaupt nicht zur Diskussion, daß der Haushund kein Wolf wäre. Es steht zur Diskussion, daß sich zwischen unseren gezüchteten Haushunden und den freilebenden Wölfen eine große Lücke befindet, über die wir sehr wenig wissen. Es ist Vorsicht angebracht, das Modell Wolf generell über das Verhalten der Haushunde zu stülpen.
Dr. Feddersen-Petersen arbeitet vergleichend auf der „Wolf-Schiene“ weiter; die Basis ist erarbeitet und weshalb sollte sie damit aufhören?! Es ist ganz einfach so, daß auch Biologen irgendwie das Geld für ihre Forschungsprojekte auftreiben müssen. Mit dem Thema Wolf ist man zur Zeit einfach besser beraten als mit dem Thema Dingos oder Pariah-Hunde; in der Forschungsstation in Wolfswinkel, die von Eberhard Trumler gegründet wurde, weiß man ein Lied davon zu singen!
Die „Hundepsychologie“ von Feddersen-Petersen ist ein wichtiges Grundlagenbuch, aber doch keine Alternative zu den von mir gebrachten Literaturvorschlag. „Der Wolf“ von Henryk Okarma ist eine gute Zusammenfassung über Ökologie und Verhalten von Wölfen, darüberhinaus ist es auch neueren Datums. Und wer wirklich wissen möchte, wie Wölfe jagen und was sie wie fressen, wird dort fündig werden. Beide Bücher haben nur einen kleinen Bereich der Überschneidung. Und beide sind sie nicht „aus erster Hand“, weil Sekundärliteratur.
Wer sich angesichts der "Kampfhunde"-Scharmützel näher mit dem Aggressionsverhalten und der Beurteilung von Aggressivität bei Hunden befassen möchte, sollte sich lieber auf ein anderes Buch von Feddersen-Petersen (gemeinsam mit Frauke Ohl) stürzen:" Ausdrucksverhalten beim Hund". Es ist ausführlicher und vor allem frischer (1995).
Außerdem bin ich nach wie vor davon überzeugt, wer sagt „DIE Caniden tun dies und jenes..“, der sollte auch wissen, was Caniden sind. Und dazu habe ich meinen Beitrag geleistet.
Das ist so wie mit der Quantenphysik, du erinnerst dich doch sicherlich noch??!! Damals hattest du betont, daß du Physiker bist, also qualifiziert...
Zu deiner Frage aus einem anderen posting, weshalb Frauen so einen breiten Hintern haben, fällt mir eine Antwort ein:
Frauen haben einen breiten Hintern, damit sie bei der Literatur-Recherche bequem sitzen und damit ausdauernd arbeiten können; das macht sich am Ergebnis bemerkbar. Und ich habe einen verdammt breiten Hintern :)
Ich hoffe, du nimmst Widerspruch nicht persönlich.
Ute BB
Carola Seelig
13.02.2001, 13:29
Hallo Ute,
vermutlich lese ich zu wenig, wenn ich meine Rückfront betrachte;-))
Ja, diese Kopiererei wölfischen Verhaltens ins Haushunddasein ist fürwahr zuweilen nervig, diese Diskussion hatten wir ja schon.
Dennoch bleibt der Haushund sowohl in seinem genetischen Gerüst als auch in seiner Verhaltensbiologie ein Nachfahre des Gevatters Isegrim, da beißt die Maus doch keinen Faden ab, oder tut sie das?
Die freilebenden Hunde, die Du erwähnst sind dennoch Haushunde mit den Verlusten /Anpassungen ihres Verhaltensrepertoirs an ihre Umwelt, aber mit einer genetischen "Heimat".
Auch "moderne"Wölfe in Nordamerika z.B. tun dies, indem sie sie sich in der Nähe von Müllhalden ansiedeln und Nachkommen hervorbringen. Eigentlich eine Annäherung an Sozialschmarotzertum, welches der-auch der freilebende- Haushund zumeist perfekt lebt(Coppinger), von einzelnen Spezialisierungen mal abgesehen.
Die alleinige Erwähnung der individuellen Vielfalt bringt uns bei der Beurteilung des Jagdverhaltens nicht weiter. Es sind unterschiedlich ausgeprägte/rudimentäre Einzelsequenzen oder Komplexe jagdlichen Treibens der wilden Vohrfahren, mit denen wir es im individuellen Einzelfall zu tun haben. Ich denke diesen Ursprung sollten wir nicht negieren und eine unakademische Vereinfachung des Jagdverhaltens und seiner Sequenzen halte ich zuweilen bei dessen Beeinflussung für hilfreich. Dabei die individuelle Veranlagung nie außer Acht lassend.
Egal von wem unser Hund das Jagen gelernt/ererbt hat, er tut´s mehr oder weniger, ist dabei ein Soziallebewesen geblieben und er soll sein Tun letztendlich auf unser Geheiß mit oder ohne uns ausüben oder bleiben lassen- grob gesagt.
Lehrreich ist die Beschäftigung mit dem Thema Jagd für Hund *und* Halter allemal.
Tschüß und Urlaubsgrüße
Carola
Dieter Degen
13.02.2001, 14:08
Hallo ihr Lieben!
Ob nun ein "Gebährfreudiges Becken" oder nicht. Das Verhalten des Wolfes ist nun einmal ein gern genommener Vergleich und den meisten Leuten die zu mir kommen und um Rat fragen läßt es sich sehr viel anschaulicher Verklickern warum der Hund dies oder jenes tut oder eben nicht. Der Standardhundebesitzer ist nun einmal nicht so tief im Thema drin wie die meisten hier im Forum.
Ich möchte das nicht abwertend gemeint sehen. Nur - Lieschen Müller von nebeban ist es relativ egal , warum einWolf im Rudel jagt und eine strenge Taktik einhält oder warum "die Hunde" im Rudel eine andere Art der Jagd veranstalten. Sie will nur nicht mehr das IHR Fifi dauernd auf Turn geht.
Sie will ihn rufen und er soll kommen. Ob er nun aus einer Strategie herausgerissen werden muß oder aus der Hetzlaune eines Beagle ist ihr echt wurscht.
Natürlich muß ich Dir ,Ute BB, recht geben.
Der Wolf macht das soundso und die Caniden machen dasunddas. Wird gern gesagt und macht auch auf die Meisten einen unheimlich gebildeten Eindruck. Was nachher unterm Strich bei rauskommt ist ein anderes Thema.
Ich hätte auch nicht geglaubt das ich einen Glaubenskrieg entfache mit ein paar frauenfeindlichen Frotzeleien. Ich möchte alle Frauen gerne fragen ob an ihrem Hinterteil festzustellen ist , wieviel sie lesen ;-)! Wir müssen das unbedingt mal ausdiskutieren. Freue mich darauf , Dich und noch einige Andere ( männlich und weiblich ) aus dem Forum kennenzulernen.
Gruß
Dieter
Na, so macht das Forum doch wieder Spaß, oder?? Kleine Frotzeleien am Rande, die als Auflockerung verstanden werden und ein ergiebiger Meinungsaustausch. Klasse!
Vorneweg die Frotzeleien:
Liebe Carola, ich WEISS, daß du viel liest. Wenn dein schmales Hinterteil dies nicht anzeigt, dann liest du vielleicht im Liegen, auf dem Bauch?? Der wird davon schön flach. Habe ich auch schon probiert, aber bevor der Bauch flacher wurde, wurde der Nacken steif... :)
Lieber Dieter,
wir sind ja schon dabei, ein kynologisches Date abzumachen. Und dann wirst du feststellen, daß es um meinen Hintern keinen Glaubenskrieg geben kann! :)
So. Mein Problem ist offensichtlich, möglichst viel Inhalt in möglichst wenig Worte packen zu wollen und somit Verwirrung zu stiften. Wir laufen ja geradezu in schöner Eintracht auf die Ziellinie zu. Ich selbst versehe meine Vorträge für Hundevereine doch auch mit so Schlagzeilen wie „Wo kauft der Wolf den Stachelwürger?“ oder so ähnlich.
Der Hund ist ein Wolf. Da tut sich nichts. Ich interessiere mich deswegen so für Hunde, die nicht planmäßig versorgte Haushunde sind, weil sie - wie die Wölfe! - angepaßt sind. Mich interessiert das Verhaltensrepertoire angepaßter Hunde. Das Dilemma, in dem wir uns befinden ist - meiner Meinung nach - folgendes: wir holen uns ein gezüchtetes Tier. Es ist entstanden aus künstlicher Selektion, den Selektionsdruck hat der Mensch festgelegt: Betonung bestimmter körperlicher Merkmale, Betonung bestimmter Sequenzen des Jagdverhaltens, Betonung der gruppenverteidigenden Aggression, usw. Damit sind gezüchtete Hunde angepaßt an bestimmte Bedürfnisse des Menschen, büßen damit aber auch Anpassungsfähigkeit an die Umwelt ein.
Ein Beispiel:
Hunde einer Rasse, die gezielt über Generationen hinweg zum Schutz menschlicher Territorien selektiert worden sind, zeigen einen starken Schutztrieb. Nun verändert sich aber der Anspruch der Hundehalter; vermehrt werden Hunde dieser Rasse als Begleithunde gehalten. Hier erweist sich der starke, vormals erwünschte Schutztrieb als unpassend. Der Hund fällt unangenehm auf. Dem Halter wird dann erklärt, daß beim Wolf das Leittier in aller Regel entscheidet, ob verteidigt wird oder nicht. Verteidigt der Hund also „ohne zu fragen“, dann wird daraus durch den Vergleich mit einem hochangepaßten System ein Dominanzproblem gemacht; was es aber nur am Rande ist.
Und noch ein konkreteres Beispiel:
ein Mann besucht mit seinem Bayerischen Gebirgsschweißhund einen meiner Kurse. Der Hund trägt eine Oberländer Halsung (flaches Lederhalsband außen, innen gerade Metall-Nägel; sieht netter aus als der bekannte Stachelwürger, ist es aber nicht!). Ich sage erstmal garnichts und beobachte das Gespann. Der Schweißhund ist sehr interessiert an der neuen Umgebung und beschnuppert eingehend den Boden. Der Besitzer ruckt ständig mit der Leine und ruft dazu „Fuß, Fuß“! Ich bitte ihn, mir zu erklären, weshalb er ständig an der Leine ruckt, obwohl der Hund doch korrekt neben ihm läuft. Er sieht mich entrüstet an und meint, daß das ständige Schnüffeln am Boden zeigen würde, daß der Hund ein Dominanzproblem habe; schließlich würde er damit ja ihn, seinen Herrn und Meister, ignorieren. Tja,... Erst werden die Viecher für ganz bestimmte Zwecke gezüchtet, das Ergebnis dieser Selektion kann sich sehen lassen; paßt das Ergebnis nicht in den Kram, dann ist es ein Dominanzproblem. Ich finde diese Argumentation für Hund und Besitzer wenig hilfreich.
In den Hunde-Werkzeugkasten gehört auf jeden Fall ein großes Fach mit dominanten Verhaltensweisen. Darüber brauchen wir wirklich nicht zu diskutieren. Aber es ist wie mit allen Werkzeugen: man kann nicht alles mit jedem reparieren und durch falschen Gebrauch kann auch etwas kaputt gehen.
Wenn wir unsere Ridgebacks beobachten und Vergleiche zum Wolf suchen, ist euch denn dabei nie die Frage gekommen, wie denn die ridgetragenden Hunde der Khoi-Khoi gewesen sind? Sie haben außer dem Ridge sicherlich auch noch andere Stempel im Genom unserer Hunde hinterlassen; doch leider sind diese Hunde ausradiert worden bevor sie Gegenstand des Interesses werden konnten.
Was ist denn, wenn während der Domestikation das genetische Substrat für bestimmte Verhaltensweisen verloren gegangen ist!?Dann können wir diese bestimmten, ursprünglichen Verhaltensweisen nicht als Modell für den Umgang mit unseren hochgezüchteten Haushunden verwenden: der Hund kann garnicht entsprechend reagieren!
Das meine ich mit der Lücke zwischen Wolf und Haushunden.
Und zum Schluß noch ein „schräges“ Bild:
ein Mensch geht mit seinem Rassehund spazieren. Es ist ein Hund, dessen Äußeres dem Geschmack der Menschen angepaßt wurde; ein dünnes Fell, das zwar wunderschön glänzt und sich herrlich anfaßt, das aber den Regen nicht abhält. Der Bauch ist geradezu schütter behaart. Der Gesichtsausdruck wird von den knuffigen Hängeohren bestimmt, die zwar für Verletzungen geradezu prädestiniert sind und bei den kleinsten Schrammen heftig bluten, aber dafür sind sie einfach süß. Als Welpe ist er nicht der kräftigste und vitalste gewesen, aber der Zücher hat ihn liebvoll unter eine Wärmelampe gepackt und mit guter industrieller Hundemilch zugefüttert. Wie seine Geschwister hat er auch in den ersten Lebenstagen Immunoglobuline zur Unterstützung des Immunsystems bekommen. Er ist eigentlich auch ein ganz gesunder, kräftiger Hund geworden. Er verträgt zwar viele Futtersorten nicht und neigt auch zu nervösen Magenproblemen, aber da kann man die Ernährung ja anpassen. Nun ja, er hatte in der Jugendzeit auch Gelenkprobleme, aber die OP hat er wunderbar überstanden. Vielleicht ist er auch ein wenig „oversexed“, aber muß so ein kerniger Rüde wirklich eine Hündin in der Standhitze von einer scheinträchtigen Hündin unterscheiden können? Und wenn die Hündin ihn abschnappt, das muß er sich doch nicht gefallen lassen, oder?? Der Mensch ist jedenfalls glücklich und zufrieden mit seinem schönen Hund. Er macht ihn von der Leine und der Hund darf laufen. Der Hund entdeckt einen Hasen und spurtet los. Natürlich ärgert sich der Mensch. So ein Mist!! Bei den WÖLFEN darf nur gejagt werden, wenn der Alpha es erlaubt!! - Bei den Wölfen wäre er nie zum Jagen gekommen!
Vielleicht vergleichen wir Verhaltensweisen unserer Hunde so gerne mit dem der Wölfe, um uns selbst zu betrügen: wir wollen nicht wahrhaben, wie weit wir uns mit unserer Hundezucht von natürlichen Bedingungen entfernt haben.
Nochmals: dominante Verhaltensweisen gehören zur Hund-Hund und Hund-Mensch-Beziehung dazu. Zwischen Hunden werden sie aber viel flexibler praktiziert als es die „Regeln“ sind, die wir Menschen daraus ableiten.
Und für viele unangepaßte Verhaltensweisen unserer Haushunde ist Dominanz nicht die Ursache, das Jagen gehört in weiten Bereichen dazu. Dominanz ist ein wichtiges Hilfsmittel, unangepaßtes Verhalten kontrollierbar zu machen. Aber der Hund, der hetzen geht, ist nicht zwangsläufig ein dominanter Hund.
Liebe Grüße
Ute BB
Ich sehe gerade, wie entsetzlich lang das Geschreibsel geworden ist! Liest das denn überhaupt noch jemand??
Dieter Degen
13.02.2001, 16:25
Klar liest das noch so manch einer.
Ich jedenfalls möchte dir zu deiner sehr sachlichen Ausführung gratulieren und neben bei erwähnen das E.Trumler seine Freude an eben diesem Beitrag gehabt hätte. Du schreibst ihm fast aus dem Munde.
Trumler schrieb in einem seiner Bücher das er seine Welpen nicht an die Zitzen legt sondern, jetzt kommt´s, die die es nicht schaffen von selbst an die Zitzen zu kommen , sterben läßt!GENAUSO WIE IN DER FREIEN NATUR!!!
Den meisten Züchtern möchte ich das nicht unterstellen, doch es wird einige geben denen da doch eher das Dollar-Zeichen hinter den Augen flackert und sie deshalb ein wenig "nachhelfen". Den anderen unterstelle ich den Fall einfach nur Tierliebe, wenn auch in meinen Augen eine falsch verstandene.
So wie auch immer wieder erzählt wird in der Natur werden Kastraten totgebissen. Ich habe noch keine kastrierten Wölfe, Goldschakale, Füchse, Katzen oder sonstige Wildtiere in der freien Wildbahn gesehen. ;-) Vielleicht weil ja alle tot sind?
Mit ein wenig Schalk im Nacken grüßt euch alle
Dieter
ulla keller
13.02.2001, 16:35
Hallo Ute BB,
ein Superposting!!!
Mehr davon :) :)
Liebe Grüße
ulla keller
Hallo UteBB,
freut mich, daß wir unvoreingenommen diskutieren können. Bezüglich des Hintergrunds zum Buch von Fedderson-Peterson möchte ich dir auch nicht widersprechen. Ich habe dieses Buch deswegen zitiert, da dort als Ergebnis der Kieler Versuche gezeigt wird, daß sich Hund und Wolf im Verhalten nicht so sehr unterscheiden wie Hund und die anderen Vertreter der Caniden. Dein Eingangsposting fand ich deshalb nicht sehr gelungen, da dort der Unterschied zwischen Wolf und Hund zu sehr pauschalisiert wurde. Klar gibt es Unterschiede, doch verstehen sich Hund und Wolf einander noch sehr gut, sie und deren Nachkommen schaffen es sogar, noch in einem Rudel miteinander zu leben. Dies wird in dem von mir angeführten Buch auch dargestellt. Der Hund ist sozusagen Wolf, der aber in seinem Verhalten verarmt ist, also bestimmte Verhaltenssequenzen nicht oder nur unvollständig zeigt. Dem gegenüber gibt es aber noch viele Übereinstimmungen. Mit meinem begrenzten Wissen würde ich eher sagen: man sollte nicht mehr allgemein von Caniden reden und alles in einen Topf werfen, da stimme ich dir zu. Nur sind zwischen Wolf und Hunden doch viele Parallelen zu ziehen, wenn man den Einfluß der Haustierwerdung berücksichtigt.
Fedderson-Peterson ging meines Wissens über die vergleichende Anatomie hinaus und zeigte klar mit ihren Kreuzungsversuchen Pudel/Wolf und Pudel/Goldschakal und die Untersuchung des Verhaltens der Nachkommen erster und zweiter Generation, daß man durch die vergleichende Anatomie auf einen Irrweg gekommen war. Kann natürlich sein, daß ich mich irre, da ich nicht Biologie studiert habe. Ich gebe zu, ich bin auf diesem Gebiet nicht qualifiziert. :D Ich bin halt so dumm wie die Literatur, die ich lese. :D
Übrigens, meine Definition des Fremdwortes Atavismus ist DOCH RICHTIG! :p Der Begriff kommt aus der Psychiatrie/Neurologie. Auf die schnelle kann man auch mal im neuesten Duden nachschauen.
Zur Definition aus erster Hand: so werden von mir nicht Orginalarbeiten bezeichnet, sondern Arbeiten von Autoren, die zu diesem Thema die Orginalarbeit geschrieben haben. Aus erster Hand bedeutet somit auch unter Umständen Sekundärliteratur.
Toll, daß du über Frauenwitze lachen kannst. :D Keine Angst, ich nehme NIE etwas persönlich. :) Zu dem Punkt bzgl. des breiten Hinterns möchte ich nichts weiter sagen. :D
Gruß
Markus
Huhu, Markus! Stell´den Schampus kalt, gleich treffen wir uns (natürlich im übertragenen Sinne)!!
Es gibt nur ganz wenige, klitzekleine Punkte in deinem letzten posting, zu denen ich etwas sagen muß.
Ich hatte geschrieben, daß Feddersen-Petersen über das Verhalten gearbeitet hat! Parallel dazu hatten andere Mitglieder der Kieler Arbeitsgruppe über die Anatomie gearbeitet; auch hier sind eindeutige Ergebnisse geliefert worden: der Vergleich der Gehirnvolumina von Wolf, Goldschakal und Haushund schloß den Goldschakal als Stammvater der Hunde aus.
Mein erstes posting hast du einfach mißverstanden, was sicherlich an meinem Schreibstil liegt. Mir liegt daran zu erinnern, daß DIE Caniden sehr viel mehr Vielfalt zu bieten haben als nur Wolf und Haushund.
Weißt du, wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Ich bin nun mal Biologin und möchte Wissen teilen. Genauso akzeptiere ich deinen Wissensvorsprung in der Physik - Quantenphysik *grusel*
Das mit dem Atavismus ist natürlich stark! Ich hatte die morphologische Definition im Kopf, du weißt schon, Babies mit Schwanzwirbelsäule oder extrem starker Körperbehaarung. Der Hammer ist, daß ich den Begriff der "Perversität" in eben einem neurologisch-psychiatrischem Wörterbuch nachgeschlagen hatte...
Leben heißt lernen.
Und zum guten Schluß:
wenn du meine Witze über Männer kennen würdest, wäre klar, weshalb ich herzlich über "gebärfreudige Becken" lachen kann! :)
Ja, denn bis zum nächsten Thema,
einen ernstgemeinten lieben Gruß
Ute BB
Thomas Waldhorn
13.02.2001, 21:37
Hallo zusammen!
So mag ich das : Lesen, Lernen, Lachen !!!
Übrigends: Bei Utes Männerwitzen bekommt man auch als Mann ein breites Gesäß ... weil man nämlich öfter auf selbiges fällt ...(:D:D:D)
Ute BB wrote:
Ich sehe gerade, wie entsetzlich lang das Geschreibsel geworden ist! Liest das denn überhaupt noch jemand??
Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!!!!
Und gerne!
Carola Seelig
14.02.2001, 11:41
Hallo Ute,
siehste, nach Hunde-(oder Caniden- ;))Art haben wir uns nach Laufen eines Bogens getroffen und sozial(oder souverän;-)) ) wie wir sind, *ohne* uns zu fetzen.
Die von Dir angesprochene Lücke ist doch aber eigentlich nicht genau definierbar, jedenfalls erscheint sie dem Menschen bei aufgetretenem "Fehlverhaten" eher sehr klein, das hast Du schön beschrieben.
> Mich interessiert das Verhaltensrepertoire angepaßter Hunde. <
Das ist wohl sehr interessant
, aber bieten da nicht unsere Haushunde ein hervorragendes Betätigungsfeld, ist nicht ihr gesamtes Verhaltenspektrum- abgesehen von den züchterisch selektiv hervorgehobenen Merkmalen-eine enorme Anpassungsleistung an unsere Zivilisation im allgemeinen wie im besonderen. Der zu viel gängelnde Mensch versäumt lediglich, dies zu beobachten. Oder? Das , ,was wir as Feh lverhalten bezeichnen, ist doch letztendlich die Anpassungsreaktion des Hundes an unsere Dummheit, unsere Neurosen usw. Nur wir bezeichnen dies als unangepaßt. Alles nur eine Frage der Definition von Anpassung?
Mist, meine tastatur spinnt, kann nur mühsam weiterscheiben
Tschüß
Carola
(kann nicht auf dem bauch lesen;-) )
Ja, ja, DIE Caniden, DIE Hundehalter. DIE Leipziger, ... :) :) können nicht auf dem Bauch liegend lesen!
Klar, man sollte schon definieren, was eigentlich gemeint ist. Darf ich den biologischen Begriff der Anpassung verwenden? Der bietet sich hier ja auch an.
Anpassung bedeutet, die Entwicklung von Eigenschaften, die ein Lebewesen für seine jeweilige Umwelt geeigneter machen. Jede Anpassung erfordert natürlich Informationen über die jeweilige Umwelt. Da gibt es die genetisch bestimmte „Erfahrung“, im Laufe der Stammesgeschichte oder der künstlichen Selektion (Zucht) erworbene Rahmenbedingungen, die Anpassung fand bereits bei den vorausgegangenen Generationen statt. Zusätzlich gibt es auch noch den individuellen Erfahrungsgewinn, zu dem z.B. auch die individuelle Anpassung durch Lernverhalten gehört.
So weit so gut, oder?
Ich versuch´ jetzt mal, meinen Gedankengang, der noch nicht zu Ende gedacht ist, knapp aufzulisten.
1. Die natürliche Selektion in freilebenden Populationen führt zu einer umfassenderen Anpassung als die künstliche Selektion in Menschenhand.
2. Künstliche Selektion ist mit einem Verlust an genetischer Information verbunden.
3. Die Überbetonung erwünschter Verhaltensweisen führt zu einem Ungleichgewicht in den Verhaltensabläufen.
4. Freilebende Wölfe sind angepaßt; unter bestimmten Bedingungen sind die Antriebe aller Rudelmitglieder sozial kontrollierbar (Dominanz). Dieses System ist in synergistischer Anpassung an natürliche Umweltbedingungen entstanden. Kann das wirklich DAS Modell sein für unsere im Ungleichgewicht gezüchteten Haushunde?
5. Bilden verwilderte Haushunde unter ähnlichen Bedingungen wieder wolfige (hübscher Ausdruck!) Rudelstrukturen? Oder verläuft die Anpassung anders? Das ist der Grund, weshalb ich mich so für andere Hunde außer Haushunden interessiere.
Jahrzehnte lang sind dem Hund menschliche Charakterzüge unterstellt worden: Pflichtbewußtsein, Arbeitsmoral, Treue,...
Nun wird er von der Wolfswarte aus betrachtet. Das ist auf jeden Fall besser, weil vom entwicklungsgeschichtlichen Standpunkt aus betrachtet. Ich finde es aber falsch, nur einen Blickwinkel zu haben. So mancher Gegenstand sieht mehrfach beleuchtet anders aus als zuvor gedacht. Wir würden unsere vierbeinigen Freunde noch besser verstehen können, wenn wir mehr über - HUNDE wüßten!
Wie gesagt, die Übernahme dominater Verhaltensweisen helfen uns im Umgang mit dem Hund. Aber in den seltensten Fällen sind sie allein ausreichend, um den Hund kontrollieren zu können; hierbei stehen Lernprozesse immer noch an erster Stelle. Das könnte mit unseren „hundsmiserablen“ Fremdsprachenkenntnissen zusammenhängen: es gelingt uns nicht deutlich genug, unseren Führungsanspruch klar zu machen. Oder aber vielleicht ist das Substrat nicht mehr in ausreichendem Maße vorhanden? Vielleicht wird beim heute gezüchteten Haushund der angeborene Rahmen für das Sozialverhalten immer kleiner, während die Potenz der individuellen Anpassung durch Lernvorgänge größer wird?
Vermutlich trifft beides zu!
Wie du siehst, wird noch heftig an der Beleuchtungsanlage ge*boss*elt!
Ich gehe jetzt zum Kurs, „Pubertierende Monster I und II“. Bei dem schönen Wetter find´ich es nicht gar so schlimm, daß du Urlaub hast und ich nicht. Erhole dich weiterhin so gut,
Ute
Hallo UteBB
wann setzt du dich endlich auf deinen Hintern und schreibst ein Buch?
Das ewige Lesen der Postings wird auf die Dauer sehr teuer.
Ich kaufe sofort eines(natürlich nur mit Widmung)
Hi, Manni!
Mit dem Manuskript komme ich nicht so recht voran, weil mir ein tüchtiger Sekretär fehlt, der die ungeliebte Büroarbeit erledigt, das bißchen Haushalt versorgt und einen excellenten Tee kochen kann!
Wird also noch ein bißchen dauern... :)
Constanze Haag
14.02.2001, 22:40
Hallo Ute,
wieder mal ein hervorragendes Posting mit sehr interessanten Denkansätzen. Einen Punkt möchte ich mal herausgreifen.
:5. Bilden verwilderte Haushunde unter ähnlichen Bedingungen wieder wolfige (hübscher Ausdruck!) Rudelstrukturen? Oder verläuft die Anpassung anders? Das ist der Grund, weshalb ich mich so für andere Hunde außer Haushunden interessiere.
Kann Evolution rückwärts verlaufen? Gibt es solche Beispiele im Tierreich (müsstest Du ja wissen, oder?)? Oder fragst Du Dich, ob verwilderte Haushunde ihre ursprünglichen genetischen Anlagen wieder rauskramen und lediglich andere (menschenfreie) Lernvoraussetzungen wieder zu wölfischen Rudelstrukturen führen?
Der Haushund unterscheidet sich vom Wolf ja nun in beidem. Er hat genetische Veränderungen vollzogen und unterliegt einer anderen idividuellen Anpassung durch ein verändertes Lernumfeld.
Letzteres ließe sich beeinflussen, indem man ein verwildertes Hunderudel in einer menschenfreien Umgebung belässt. Aber was ist mit der genetischen Komponente? Interessant wäre es, zu beobachten, ob sich hier über Generationen Veränderungen feststellen lassen würden, die zum Ursprung Wolf zurückführen.
Mir fällt da der Dingo ein. Kennst Du wissenschaftliche Literatur dazu, die sich auf solche Beobachtungen bezieht? Würde mich brennend interessieren.
Mir ist neulich ein sehr interessanter Bericht untergekommen, bei dem es um Katzen ging (o.k., das gehört nun gar nicht mehr hier hin, aber trotzdem). In Gegenden, in denen wilde Nachfahren der Falbkatze noch ursprünglich vorkommen, verpaaren sich diese mit verwilderten Exemplaren der Hauskatze. Diese Tiere stehen nicht unter dem Einfluss des Menschen, ernähren sich auch völlig selbständig. Trotzdem scheint sich nun herauszukristallisieren, dass sich bei den Nachfahren dieser Verpaarungen ein bestimmter Teil des genetischen Materials der Hauskatzen stabilisiert. Die Rückentwicklung zum Vorfahren scheint trotz der hohen Zahl an Verpaarungen mit noch reinen Wildtieren an einem bestimmten Punkt zu stoppen, weil wohl ein Teil des genetischen Hauskatzenmaterials auch in völlig natürlicher Umgebung Vorteile bietet (was ein Satz, versteht man überhaupt, was ich meine?). Der Ahne wird also quasi von seinen Nachfahren ausgerottet.
Es ging dabei übrigens um Veränderungen, die sich auch auf das Sozialverhalten beziehen.
Ließe sich diese Beobachtung auch auf verwilderte Hunde übertragen, wäre meine Annahme, dass selbst dann, wenn es unter verwilderten Hunderudeln zu einem direkten genetischen Einfluss von Seiten des Wolfes käme, eine totale! Angleichung an wölfisches Verhalten nicht mehr stattfinden würde.
(Gibt es eigentlich freilebende Wolf-Hund-Hybriden?) Und ohne diese genetische "Wildspritze" noch unwahrscheinlicher.
:Vielleicht wird beim heute gezüchteten Haushund der angeborene Rahmen für das Sozialverhalten immer kleiner, während die Potenz der individuellen Anpassung durch Lernvorgänge größer wird?
Das ist eine sehr interessante Theorie. Sie würde meine Annahme sogar untermauern, da eine hohe Potenz zu individueller Anpassung durch Lernen eben auch in natürlicher Umgebung (hier definiert als unabhängig vom Menschen) ein höchst erfolgreiches Konzept darstellt. Siehe höherentwickelte Lebewesen, wie z.B. Affen (insb. Primaten).
Hier müssten wiederum verwilderte Hunderudel mit genetisch vergleichbarem Ausgangsmaterial, die aber in unterschiedlichen Gegenden leben, miteinander verglichen werden. Ließen sich dort eindeutige kulturelle Unterschiede auch noch nach Generationen feststellen, wäre Deine Theorie wohl zutreffend.
Was meinst Du, sollten wir mal Forschungsgelder erbetteln und uns in die kanarischen Gebirge schlagen? ;-)))
Gruß
Conny (mit HWS-Syndrom, seit ich so viel auf dem Bauch liege, grins)
Carola Seelig
15.02.2001, 13:13
Hallo Ute,
das sieht ganz nach enzyklopädischer Aufarbeitung aus, wenn man hier so reinschaut. ;-)
Urlaub ist Klasse, das finden auch die 3 neben mir schnarchenden Quadros.
>Anpassung bedeutet, die Entwicklung von Eigenschaften, die ein Lebewesen für seine jeweilige Umwelt geeigneter machen.<
Ja klar, nun will ich mit einer Biologin auch nicht über Anpassungsdefinition diskutieren, Du hast`s gut ausgeführt.
Für uns entscheidend ist wohl die Anpassungsfähigkeit der Hunde durch Lernen und auch der somatischen Funktionen, die sie in ihrem persönlichen Leben mit uns zu Tage bringen können gepaart mit unserem Wissen über die genetische "Heimat" der Haushunde.
>So weit so gut, oder?<
Jaja.
Deinen Gedanken zur Selektion ist auch nichts hinzuzufügen, ABER:
>4. Freilebende Wölfe sind angepaßt; unter bestimmten Bedingungen sind die Antriebe aller Rudelmitglieder sozial kontrollierbar (Dominanz). <
Wieso schließt Du dies für Haushunde aus?
Der unbestrittene Verlust an genetischer Information, die in verschiedenen Studien beispielsweise durch das IHF in Kiel beschrieben wurden, besagt jedoch nicht, dass sich der Haushund als Soziallebewesen in seinen Grundzügen völlig anders als der Wolf entwickelt. Die genetische "Basis" bleibt doch erhalten, auch wenn es hier und da in der Rassehundzucht heftige Verwirbelungen gegeben hat.
>Dieses System ist in synergistischer Anpassung an natürliche Umweltbedingungen entstanden. Kann das wirklich DAS Modell sein für unsere im Ungleichgewicht gezüchteten Haushunde?<
Warum nicht? Dafür ist es ein Modell, welches sich in seinen Grundsätzen auf die Species Haushund wohl übertragen läßt.
Meinst Du, sonst würden sich in freier Wildbahn Wolf und Haushund paaren?
Gewiß, es wäre interessant, ob ein Mops darunter sein könnte, das vermag ich nicht zu sagen.
Aber in Spanien sind es es vorwiegend freilebende Hunde und Hybriden, die den Schafherden zusetzen. Ja , auch die Verpaarung zwischen Hund und Wolf entsteht letztlich aus einem Slekejtionsdruck, weil dem Wolf in freier Natur die Gene "ausgehen", um es mal so salopp zu formulieren.
Aber Ute, so weit auseinander können Wolf und Hund nicht liegen, wenn sie in heutiger Zeit gemeinsame Nachkommen haben, *ohne* direktes Zutun des Menschen (außer, dass er die Wölfe dezimiert hat)
5. Bilden verwilderte Haushunde unter ähnlichen Bedingungen wieder wolfige (hübscher Ausdruck!) Rudelstrukturen?
Wohl schon, halt den Bedingungen angepaßt.
Leben sie in unmittelbarer Nähe menschlicher Behausungen sind sie wohl eher dem Schmarotzertum verfallen(besser angepaßt) und benötigen kein arbeitsteiliges Jagdsystem, da der existentielle Druck dazu fehlt. In der Wildnis werden sie den genverlust sicher nicht wettmachen, richtet sich gewiß auch nach den spezifischen Voraussetzungen der "Wildgewordenen".
In einigen tausend Jahren wird man schlauer sein.
Aber ich bin mir sicher, daß für ein Überleben die soziale Bindung und Nutzung hirarchischer Strukturen unerläßlich sein wird. Nicht nur für den Haushund.
>Jahrzehnte lang sind dem Hund menschliche Charakterzüge unterstellt worden: Pflichtbewußtsein, Arbeitsmoral, Treue,...<
Ach ja, diese Zeiten sind aber noch lange nicht vorbei, vielleicht anders. Er wird vielleicht weniger vermenschlicht, aber darf wie ein Mensch leben, das ist viel schlimmer, meine ich.
> Wir würden unsere vierbeinigen Freunde noch besser verstehen können, wenn wir mehr über - HUNDE wüßten!<
Das stimmt wohl, aber es wäre schon ein großer Gewinn , wenn beispielsweise das Ausdrucksverhalten des Hundes, welches er nunmal in seinen Grundzügen vom Wolfe hat, ins menschliche Verständnis rücken könnte.
Es hilft uns dabei nicht das Wissen um den Goldschakal, sondern eigentlich übersichtliche "Basics" . Du hast`mit der "Fremdsprache" umschrieben. So isses eigentlich.
Ja, es wäre interessant, umfangreiche Studien zu Hunden vorzunehmen, hm , es gibt da einige interessante Berichte über wildlebende Hunde in Afrika, die nie in fester Bindung zum Menschen gelebt haben, sondern nur in der Nähe seiner Behausungen, habe aber , da nicht daheim die Quelle nicht parat, kennst Du wohl selber).
Am interessantesten sind aber wohl Untersuchungen über Zufallspopulationen von Haushunden MIT ihren Haltern in unterschiedlichen Distanzen zu urbanen Strukturen.
Ich denke die Untersuchung der Wechselwirkung Mensch-Hund in deren "natürlicher" Umgebung ist entscheidend für die Anpassung des Hundes, wohl auch des Menschen - auf lange Sicht.
>Aber in den seltensten Fällen sind sie allein ausreichend, um den Hund kontrollieren zu können;<
Geht es wirklich um Kontrolle des Hundes? Oder nicht um gegenseitige Anpassung durch Lernen? Kontrolle wäre mir zu mechanisch.
>Vielleicht wird beim heute gezüchteten Haushund der angeborene Rahmen für das Sozialverhalten immer kleiner, während die Potenz der individuellen Anpassung durch Lernvorgänge größer wird?
Vermutlich trifft beides zu!
<
Hm, ich weiß nicht. Meinst Du wirklich, dass die Wölfe blöder waren?
Ich denke beides geht verloren. Die Potenz, sich durch Lernen anzupassen, ist sicher vorhanden, aber aus welchem Grunde sollte sie beim Haushund größer werden? Es ist und bleibt einfach der degenerierte Nachfahre des Wolfes, das meine ich nicht böse, sondern aus der Sicht der natürlichen Umwelt.
Meine Güte, nu muß ich aber in die Sonne....
Gut , daß Du sie mir gönnst.
Liebe Grüße
Marion/Tom
15.02.2001, 20:35
Der unbestrittene Verlust an genetischer Information, die in verschiedenen Studien beispielsweise durch das IHF in Kiel beschrieben wurden, besagt jedoch nicht, dass sich der Haushund als Soziallebewesen in seinen Grundzügen völlig anders als der Wolf entwickelt.
Hallo Frau Seelig.
Mit grossem Interesse lese ich im Forum die "Caniden-Abhandlung". In Ihrem letzten Posting erwähnten Sie (ich hoffe ich habe alles richtig durchgelesen) einige Studien der IHF in Kiel über die Thematik der verlorengegangenen genetischen Informationen. Da ich selbst Biologe bin und unter anderem auf dem Gebiet der Molekularbiologie/Gentechnik arbeite würde mich die Abhandlung über dieses Thema sehr interessieren. Wenn Sie wüssten wie der Titel der Studie heisst könnte ich ihn mir anfordern.
Viele Grüsse T.
Hallo, Urlaubs-Carola,
wenn wir uns weiterhin so im Kreise drehen, wird uns schummerig im Kopf bevor wir auch nur einen Schluck Wein haben miteinander trinken können!
Ich schließe doch nicht aus, daß Dominanz auch bei Haushunden und in der Hund-Mensch-Gemeinschaft eine Rolle spielt! Vgl. vorangegangene postings. Und auch das Ausdrucksverhalten ist „Wolf“ in mehr oder weniger undeutlicher Form. Aber in Menschenhand ist das System der inneren Antriebe („Triebe“) sehr ins Ungleichgewicht gekommen und bei vielen Haushunden sind Antriebe hypertrophiert (unverhältnismäßig stark geworden); ich bezweifle, daß in Ungleichgewicht und Überbetonung die soziale Kontrollierbarkeit so perfekt greift wie bei Wölfen.
Wolf und Hund verpaaren sich, weil die sexuelle Attraktivität nach wie vor passt. Nochmal: ich sage nicht, daß Wolf und Hund „weit auseinander liegen“. Ich sage nur, daß für den Umgang mit einem domestizierten Tier die wildlebende Stammart nicht unbedingt das passende Modell sein muß.
Soweit die Wolf-Hund-Hybriden in ihrem Sozialverhalten untersucht sind, kann man sagen, daß sie in ihrem Verhalten hundeähnlicher sind; dies betrifft vor allem das Jagdverhalten im Rudelverband.
Verwilderte Haushunde, die nicht als Kommensalen in der Nähe menschlicher Behausungen , sondern mehr in „freier Wildbahn“ als Jäger leben, bilden keine original wölfischen Strukturen aus (soweit bekannt - ich würde ja gerne mehr darüber wissen). Das ist ganz bestimmt eine Anpassung an bevorzugte Beutetiere. Aber da haben wir es doch schon wieder: Hunde passen sich anders an als Wölfe. Australische Dingos z.B. jagen paarweise, das hat mir ein australischer Kollege erzählt. Aber auch er hätte gerne mehr Forschungsgelder zur Verfügung...
Niemals würde ich ein Tier als „blöd“ bezeichnen. Es geht allein um den genetischen Rahmen, der den Spielraum für Lernverhalten umgrenzt.
Irgendwo zwischen Vermenschlichung und Verwolflichung liegt die Verhundlichung, und da möchte ich gerne hinkommen.
Es reicht nicht aus, einen Hund, der unerlaubt jagen geht, nach allen Regeln der Kunst zu dominieren. Eine Hemmung des von uns unerwünschten Verhaltens muß in einem recht langwierigen Lernprozeß aufgebaut werden. DAS ist der Unterschied zum Wolf.
Ich kann es nur nicht mehr hören: „du must ein Alpha sein und schon hast du deinen Hund im Griff!“ Die soziale Einordnung schafft eine optimale Basis für den Lernerfolg, das konsequente Üben in Mini-Schritten ersetzt sie aber nicht.
Beim Hundehalter entsteht durch die Überbetonung seiner „Alpha-Rolle“, durch die Verwolflichung des Hundes, der Eindruck, sein „ungehorsamer“ Hund sei dominant. Dabei ist er meistens einfach nur unzureichend trainiert. Unangepaßt, weil zu wenig Gelegenheit zum Lernen!
Ich betrachte meine Arbeit mit den Haushunden auch als Feldforschung. Alle großen Probleme der Verhaltensforschung (Funktion, Stammesgeschichte, Kontrolle und Individualentwicklung) können an einer riesigen Stichprobe untersucht werden. Hier kann jeder, der sich ernsthaft mit Hunden beschäftigt, beitragen. Aber jeder, der die Hund-Mensch-Beziehung nur unter dem Blickwinkel der sozialen Hierarchie sieht, wird ein verzerrtes Bild erhalten.
Liebe Grüße
Ute BB
PS: Gestern bin ich leider nicht zum Schreiben gekommen - ich hatte Migräne... (die Tag-Form, lieber Dieter :p. Die Nacht-Form tritt bei mir nicht auf, vermutlich stamme ich von einem einarmigen Adam ab; ich muß doch mal in meinem Pedigree nachgucken! :) )
Moin, moin,
Ich bin kein Profi sondern würde mich eher als Hobbybiologe bezeichnen. Aber dennoch habe auch ich eine Meinung zu dem Dominanzthema (die sich im übrigen beim Lesen der interessanten Postings, danke dafür, gebildet hat).
Ich denke, dass man das dominanzbestimmte Verhalten des Wolfes nicht eins zu eins auf den Hund übertragen kann. Bei dem Wolf geht es ums nackte Überleben, daher funktioniert die Rudelstruktur primär über die strikte Hierachie (basierend auf Dominanz).
Bei unseren Haushunden, das brauche ich nicht näher erläutern, ist das grundlegend anders. Deshalb kann man beim Hund auch nicht alle Probleme auf die Dominanzschiene schieben.
Insofern stimme ich Frau UteBB eher zu.
bis denne
bastian
Carola Seelig
20.02.2001, 22:57
Hallo Tom,
späte Antwort:
einen genauen Titel kann ich Dir nicht nennen(liegt in irgendwelchen Kartons),aber es waren Arbeiten/Vorträge von Frau Dr. F.-P.. Eine befasste sich mit der Vokalisation von Haushunden(aus dem letzten Jahr) und beschrieb auch Unterschiede und Verluste im Ausdrucks- und Sozialverhalten bei verschiedenen Hunderassen durch züchterische Selektion. Frau F.-P. liest sich allerdings etwas sperrig;-), was leider auch auf ihre Vorträge zutrifft, ohne den Wert ihrer Arbeiten schmälern zu wollen.
Bemerkenswert fand ich in einem Vortrag Ausführungen zu reduzierten Beruhigungssignalen, wodurch sich durchaus Diskrepanzen in der innerartlichen Verträglichkeit ergeben können. Einzelnen Jadghundrassen und Nordische kamen da noch recht gut weg.
Gentechnische Untersuchungen sind mir dazu nicht bekannt, aber ich denke Verhaltensstudien belegen den Verlust schon recht deutlich, zumal sie unter einheitlichen Bedingungen und vom Welpenalter an vorgenommen wurden.
Viele Grüße
Carola
Carola Seelig
20.02.2001, 23:31
Hallo Ute,
Urlaub vorbei, PC-lose Tage auch.
Ich finde nicht, dass wir uns im Kreise drehten, sondern wohl eher mal aneinander vorbei bewegten, unerkannt;-))
habe soeben schon geantwortet, Text verschwand aber, hier nun nochmal gekürzt:
Würde im Zusammenleben mit Hunden "Dominanz" eher durch den aus meiner Sicht treffenderen Begriff "Souveränität" ersetzen.
Ein "schmalbrüstiges" Alphagetue mag ich ebensowenig wie Du.
Dennoch halte ich ein klare Ordnung für unsere Hunde und uns ebenso unverzichtbar, wie die genaue Beochbachtung der Quadropeden und unsere Fähigkeit, die RICHTIGEN Schlüsse aus ihrem Verhalten zu ziehen.
Dafür ist ein Modell, welches sich aus dem Verhalten des Gevatters, besonders dessen reichen Ausdrucksverhalten "bosseln" läßt, durchaus hilfreich und akzeptabel.
Bei aller Domestikation ist der Haushund dennoch Beutegreifer geblieben, auch wenn er dies fast nur noch am Freßnapf "ausleben" kann.
Dies könnte zur unendlichen Geschichte werden, aber ich muß mich vom PC lösen...
Bis demnächst
Tschüß
Carola
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