Hallo Kevin,
herzlich willkommen auch von mir. Ich finde es toll, dass Du Dich vorab 'schlaumachen' willst und wie Du ja schon gemerkt hast: Hier gibt's jede Menge Info rund um RR und zu lesen hast Du ja genug
Ich hatte vor meinem Nothund Dayo Erfahrungen mit DD und Labbi, beides Rüden. Hündinnen hatte ich nie, also keine Vergleichswerte.
Aaaaber: Jagdhund ist anders - total. Ich bin damals überheblicherweise davon ausgegangen, das Frauchen mit Hosenbandorden zu sein, eben weil ich auf insgesamt 18 Jahre Erfahrungen vom jeweiligen Welpenalter bis zum schmerzlichsten Abschiedsmoment zurückblicken konnte. Niemals gab es Probleme mit meinen Hunden, weder mit dem Riesen, noch mit dem ewigen Baby. Wenn es sein musste, blieben sie allein Zuhaus, begleiteten sie mich, waren sie immer und überall gern gesehen.
Wenn man bedenkt, dass ich Dayo im Alter von 6,5 Jahren bekommen habe, ohne jemals einen RR in natura gesehen zu haben? Nun, ich muss schon geeignet 'rübergekommen seinIch weiß noch, wie erstaunt ich war, als ich sein seidiges Fell das erste Mal streicheln durfte. Ich bin seiner Pflegemama dankbar bis ans Ende meines Lebens, dass sie soviel Vertrauen zu mir hatte. Er war ein wilder, ungezügelter Kerl ohne Beißhemmung. Aber so verschmust, dass jeder Liebesbeweis blaue Flecken hinterließ...
Hätte ich doch nur intensiver die Beiträge zu sicherem Abrufen, Schleppleine, Wildanzeigen bzw. Jagdtrieb erkennen und sofort reagieren (bevor der Lümmel Gas gibt) gelesen - dann wäre ich vorbereiter gewesen. Aber nein, das waren für mich 'böhmische Dörfer', Interessantmachen der jeweiligen User, eben alles Probleme Anderer und außerhalb meiner eigenen Vorstellungskraft.
Ich habe Situationen erlebt, die ich nie für möglich gehalten hätte. Und erlebe sie immer noch - vor ca. 4 Wochen ein abgebrochener SchneidezahnHund an langer Leine, letzte Runde im Regen, 7 nasse Steintreppenstufen, Kopf runter Richtung Jackentasche = Schlüssel rausholen. Hund aber nur gefüllten Freßnapf im Kopf, also Treppe nicht hochgegangen, sondern geflogen... Ich auch, nur tiefer und mit den Zähnen gebremst - knack. Tolles Geräusch. Sogar meinem Zahnarzt haben sich die Haare hochgestellt...
Tiefflug mit Hund an der Leine, weil im Dunkeln eine schwarze Katze sitzt? Vergangenheit, habe ich überlebt. An der Pferdelonge im hohen Bogen aufm Rücken im Schnee gelandet, weil Hund einfach nur freudig losgerannt ist? Vergangenheit, Lehrgeld bezahlt. Auch hatte ich eine sehr gute Trainerin mit eigenem RR, die mein Kuschelmonster nicht nur sofort durchschaut hatte, sondern mir gezeigt hat, wie ich seine Anlagen und Qualitäten fördern kann. Damit er Spaß und Erfolg erleben kann. Und begreifen, dass bestimmte Verhaltensweisen nicht ok sind - niemals! Aber, dass es für Gehorsam Belohnungen gibt. Heute, nach 2 Jahren, ist mein Schatz ein wunderbarer, souveräner Partner - ob im Umgang mit anderen Hunden (Rasse, Alter, Geschlecht => völlig egal), Kindern, Fremden, Alten, Gebrechlichen - er schaut mich an und reagiert. Genau so, wie ich es möchte. Das schenkt er mir tagtäglich, einfach so, aus Liebe und Vertrauen. Er kann sich auf mich verlassen und ich mich auf ihn. Dass ich immer mit Pannen rechne, weiß der Schnuffel ja nicht...
Man könnte jetzt denken, dass ist mir nur passiert, weil ich Dayo nicht als Welpen bekommen und selbst erzogen habe. Aber hier gibt es viele, viele HH mit ähnlichen Erfahrungen, obwohl sie ihre RR als Welpen bekommen hatten - ich bin weder allein noch besondersJeder Hund ist ein Überraschungsei - es gibt keine Garantie für alle Lebenslagen. Das passiert, wenn man(n)/frau nicht aufpasst, träumt (ok, Männer träumen nicht, sie denken... nach...), sich einfach nur sicher fühlt. Das ist der kleine, aber feine Unterschied - mit RR gibt es keine absolute Sicherheit. Jeder Tag ist anders, jede Situation auch. Die ganzen Hurraschreie vor dem 3. Lebensjahr? Die Glückstaumel: Mein 6monatiger RR läuft bei Fuß ohne Leine, auch im Dunkeln? Mein RR jagt nicht, ist jetzt 2 Jahre und immer abrufbar? Joah, des passt scho... Bis irgendwann der geliebte Schisser im Gehirn eine Weiche umlegt... Egal, auch das ist völlig normal und erfordert 'nur' sofortiges Umdenken, ständiges Training. Und am Ende hat man den Hund, den man verdient
Ich will Dir keine Angst machen oder Dir Deine Idee schlechtschreiben. Du schaffst das, da bin ich mir sicher. Zumal Du Dich intensiv vor der Anschaffung damit beschäftigst. Übrigens, ich persönlich würde mich immer wieder für einen Nothund entscheiden. Und immer wieder bewusst für einen älteren. Die unermessliche Liebe, die Dayo mir schenkt, treibt mir oft die Glücktränchen in die Augen.
Und zur Anhänglichkeit? Hm, Dayo ist der erste Hund, der sowohl aufs Bett als auch auf die Couch kommt. Kommt. Denn das wollten meine anderen beiden vom Welpenalter Großgezogenen nicht wirklich. Ok, der DD-Rüde kuschelte sich schon mal ins warme Bett meines GöGas, wenn dieser gerade das Haus Richtung Arbeit verlassen hatte. Aber meine Aufschreie, wenn ich ihm plötzlich in die Augen sah... Nö, das fand der stressig. Und der Labbi? Dem war das viel zu warm und zu weich - der tat das nur für Leckerchen oder Fotos (die die Kinder machten!!!). Wenn Dayo merkt, wir stehen auf, kommt er vom Korb neben meinem Bett auf mein Bett. Erst strecken, dann gähnen - ausgiebig, versteht sich - und dann... schweben 40 kg Lebendgewicht auf mein Bett. Das ist ein Ablaufprozess, Automatismus. Entweder ausgelöst durch das Strecken oder Gähnen. Weiß ich noch nicht, auch nach so langer Zeit nicht... Egal, dann rollt er sich erst am Fußende zusammen, er will ja nicht stören. Und dann wird er immer länger, bis er letztendlich seinen Bumskopf neben meinem platziert und sich völlig lang ausstreckt: Guck Frauchen, ich bin so groß wie du! Dann wird ausgiebig geschmust, hat er genug, springt er runter und galoppiert in die Küche => Gucksdu? Da ist der Kühlschrank... Ich stell mich doof, er springt, hüpft, stupst, drückt, zieht... Pech, ich bin plont, muss mich nich anstrengen, mich zu verstellen. Boah, Frauchen: Da oben, auf'm Kühlschrank ist doch meine Leckerbox... Ok, genug leiden lassen, er bekommt ein Schweineohr oder darf's was anderes sein?
Dayo hat Angst vor Gewitter und Feuerwerk - also, wenn's knallt? Ab in Mamas Bett. Tür zu? Kein Problem, macht der Hund auf... Kann er gut, muss man abschließen. Wenn offen, thront der Löwenhund mit dem Hintern auf dem Kopfkissen und fühlt sich einfach nur sicher und wohl. Ansonsten? Hundekorb, Hundebett, Läufer, Brücke... alles vorhanden. Schalte ich den Fernseher ein und gehe noch kurz in die Küche, um irgendwelche Dinge zu holen, bevor ich mich da niederlasse.... Ja nee, is klar, der Sofakacker (so nennt mein bitterböser Freund ihn...) liegt schon da, schaut mich nicht an, sondern röchelt bzw. schnorchelt, weil er ist voll müde und total erschöpft. Zeigt mir sofort, dass er eigentlich garnicht mehr ensprechbar ist. Also muss ich mich um ihn herumflechten, ihn hier bisken schieben, das bisken falten - passt scho. Was ich auch gern tue, nachdem ich ihm demonstrativ mein Kissen unter seinem Hintern wegziehe und mir in den Rücken lege - Ordnung muss sein! Da kenn ich kein Pardon! Wär ja noch schöner... Hier bin ich die Bossin!
Hoffe, es war Dir nicht zu lang - falls doch, entschuldige. Ich werd's immer wieder tun....
Du siehst also:
Nach der ganzen Arbeit mit dem neuen Familienmitglied Hund der Rasse RR ist alles genauso wie mit allen anderen Hunden auch. Nur der Weg dahin ist länger und beschwerlicher... zumindest war es so für mich.
Viel Spaß weiterhin im Forum!
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